Schauspieler Tino Leo hält die Zuschauenden mit seinem Theaterstück „Der Freiheitsbaum“ zu den Geschehnissen in der Mainzer Republik auf der GEDG-Veranstaltung zu 230 Jahren Mainzer und Bergzaberner Republik in Atem, Foto: GEDG.
Schauspieler Tino Leo hält die Zuschauenden mit seinem Theaterstück „Der Freiheitsbaum“ zu den Geschehnissen in der Mainzer Republik auf der GEDG-Veranstaltung zu 230 Jahren Mainzer und Bergzaberner Republik in Atem, Foto: GEDG.

Mainzer und Bergzabener Republik


Teilbereich Frühgeschichte

Die revolutionären Ereignisse am Rhein und in der Südpfalz in den Jahren 1792/93, die als „Bergzaberner Republik“ und „Mainzer Republik“ in die Demokratiegeschichte eingingen, gelten als die ersten demokratischen Gehversuche auf deutschem Boden und gleichzeitig als französische Revolutionsexporte. Mit einem Netzwerkprojekt möchte die GEDG diesen Episoden der frühen deutschen Demokratiegeschichte mehr Aufmerksamkeit ermöglichen.

Was waren die „Bergzaberner Republik“ und die „Mainzer Republik“?

In den frühen 1790er Jahren erstarkten im Fahrtwind der Französischen Revolution auch in Deutschland frühe Freiheitsbewegungen besonders in den Regionen am Rhein und in der Südpfalz. Die revolutionären Ereignisse beschränkten sich allerdings nicht nur auf die Zentren Bergzabern und Mainz, sondern erfassten auch ihre weitläufige Umgebung. Vielerorts – selbst in kleinsten Ortschaften in Rheinhessen und der Pfalz – stritten Menschen für „Freiheit und Gleichheit“, für politische Teilhabe und die Veränderung der bisherigen Verhältnisse. Zugleich waren diese Ereignisse nicht frei von Widersprüchen. Allerdings dürfen die revolutionären Begebenheiten auch nicht an heutigen demokratischen Standards gemessen werden. Besonders in der frühen Demokratiegeschichte ist es von größter Wichtigkeit, eben nicht die gleichen Maßstäbe anzulegen wie an heutige Demokratien. Stattdessen sollten diese Freiheitsbewegungen und ihre Akteurinnen und Akteure aus ihrer eigenen Zeit heraus bewertet werden. Letztlich sind es genau die frühdemokratischen Traditionen, auf die sich unser heutiges demokratisches System stützen kann, aus denen heraus es sich entwickeln und seine Erkenntnisse und Lehren ziehen konnte. Dafür braucht es den differenzierten und wertfreien Blick auf unsere demokratischen Wurzeln, auf ihre lichten Momente und auch auf ihre Schattenseiten.

Warum brauchen die frühen Republiken mehr Aufmerksamkeit?

Im Vergleich zu früheren Jahren haben die Bergzaberner und die Mainzer Republik mittlerweile einen größeren Stellenwert in unserer demokratischen Erinnerungskultur erhalten. Die Umbenennung des Deutschhausplatzes vor dem rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz im Jahr 2013 in „Platz der Mainzer Republik“ und die Umbenennung des Innenhofes des historischen Gasthauses Engel in Bad Bergzabern in „Platz der Bergzaberner Republik 1792/93“ im Jahr 2022 sind dafür sicherlich die bekanntesten Beispiele. Dennoch soll der Blick auf die frühen deutschen Republiken auch in der Breite der Gesellschaft noch selbstverständlicher werden, denn trotz ihrer besonderen Bedeutung für die frühe Demokratiegeschichte in Deutschland sind die beiden Republiken bundesweit und selbst in den betreffenden Regionen vielen Menschen unbekannt. Ein Netzwerkprojekt der GEDG soll einen Beitrag dazu leisten, ihnen einen prominenteren Platz in der demokratiegeschichtlichen Tradition zu ermöglichen, als es bisher der Fall ist.

Worum geht es beim Netzwerkprojekt zur „Bergzaberner und Mainzer Republik“?

Die GEDG hat es sich zur Aufgabe gemacht, mithilfe unterschiedlichster Projekte und Formate die demokratische Erinnerungskultur zu stärken – liegt in der Erinnerung an und im Verständnis für die demokratischen Traditionen doch auch Wirkkraft für ein aktives demokratisches Engagement in Gegenwart und Zukunft. In diesem Kontext steht auch das Netzwerkprojekt zur Bergzaberner und Mainzer Republik. Dieses möchte eine unvoreingenommene, kritische Auseinandersetzung mit den frühen demokratischen Gehversuchen am Rhein und in der Südpfalz fördern, frei von religiösen oder politischen Tendenzen. Gleichzeitig soll das Netzwerk in einer breiteren Öffentlichkeit ein Bewusstsein für diese Episoden der demokratischen Frühgeschichte Deutschlands schaffen, Austausch und Diskurs ermöglichen und Wissen vermitteln.

An wen richtet sich das Netzwerk?

Grundsätzlich soll das Netzwerk alle am Thema interessierten Personen und Institutionen ansprechen, insbesondere aber Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner der nachgewiesenen Orte der beiden Republiken. Darüber hinaus sollen sich auch überregionale Institutionen und Vereinigungen, Museen, Archive und andere kulturelle und touristische Einrichtungen angesprochen fühlen, die sich mit den frühen demokratischen Gehversuchen verbunden fühlen.

Was möchte die GEDG mit dem Netzwerk erreichen?

Bewusstsein schaffen… für die frühen demokratischen Gehversuche am Rhein und in der Südpfalz. Durch das Netzwerk sollen die frühen Republiken als Teil der Demokratiegeschichte gefestigt werden. Am Anfang der Beteiligung am Netzwerk steht für manche der betreffenden Orte womöglich überhaupt erst die Erkenntnis: „Mein Ort ist Teil der Demokratiegeschichte!“ Wie auch die Demokratie selbst, wirkt auch ihre Geschichte nicht nur in den großen Zentren, sondern auch an kleineren Orten – überall dort, wo sich Menschen für demokratische Werte einsetzten.

Austausch ermöglichen… innerhalb des Netzwerks, aber auch in Wechselwirkung mit der Öffentlichkeit. Die frühe Demokratiegeschichte samt ihren Ambivalenzen soll Thema innerhalb des Netzwerks sein und durch dieses auch in den öffentlichen Diskurs getragen werden. Nur durch Vernetzung und gemeinsames Handeln lässt sich ein Bewusstsein für die demokratischen Traditionen schaffen. Ganz nach dem Motto: „Gemeinsam sind wir stark!“

Erkenntnisse gewinnen… über die Bergzaberner und die Mainzer Republik. Das Netzwerk hat nicht nur einen wissensvermittelnden Anspruch, sondern kann auch neues Wissen generieren. Beispielsweise finden sich durch die erneute oder erstmalige Auseinandersetzung diverser Beteiligter möglicherweise auch neue Quellen oder Forschungsansätze. Im besten Fall entwickelt sich hierdurch ein neuer Schub für die Forschung rund um die beiden Republiken.

Wie ist der aktuelle Stand des Netzwerks?

Seit 2022 wurden für den Aufbau des Netzwerks bereits erste Schritte unternommen: So wurde das Projekt in mehreren Vorträgen vorgestellt und diskutiert. Im Frühjahr 2023 wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz (IGL) eine Broschüre zum Thema „Die Bergzaberner und die Mainzer Republik“ erarbeitet. Auf 46 Seiten behandelt sie erstmals die beiden Republiken in einem gemeinsamen Kontext. Um einen niedrigschwelligen und gleichzeitig möglichst unverkürzten Zugang zu gewährleisten, wurde die Form einer Chronik gewählt, gespickt mit ergänzendem Bildmaterial und inhaltlichen Exkursen zu wichtigen Personen und erklärungswürdigen Themen. Die Broschüre soll Interessierten des Netzwerks einen guten Einstieg in die Materie ermöglichen. Im nächsten Schritt sind Workshops geplant, in denen sich Interessierte über die Möglichkeiten eines solchen Netzwerks austauschen können. Wir haben Ihr Interesse am Netzwerk zur Bergzaberner und Mainzer Republik geweckt? Kontaktieren Sie uns unter: info@gedg.org

Das Booklet der GEDG zur Bergzaberner und Mainzer Republik.
Das Cover des Booklets der GEDG zur Bergzaberner und Mainzer Republik.